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Auf der Straße heißen wir anders

instagram_glyph_gradient_rgb_0.png Jeder kennt den Spruch: "Don't judge a book by its Cover"!

Den nehme ich als angehender Buchhändler natürlich ernst. Aber das wunderschöne Titelbild von "Auf der Straße heissen wir anders" von Laura Cwiertnia war der erste Aspekt, der mir Lust auf dieses Buch gemacht hat. Ich hatte das Gefühl, dieses Buch ist etwas Besonderes und ich wurde nicht enttäuscht.
Kern der Geschichte ist eine deutsch-armenische Familie aus Bremen-Nord. Maryam, die Großmutter und Mutter von Karla und Avi, ist gestorben. Im Nachlass findet Karla einen goldenen Armreif mit einem Stück Papier, auf dem ein unbekannter Name und ein Ort stehen: Lilit Kuyumcyan. Yerevan, Armenien. Daraufhin machen sich Vater und Tochter zum ersten Mal in ihrem Leben auf den Weg nach Armenien. Denn die Familie stammt ursprünglich aus Istanbul, sie sind türkische Armenier.

Das große Thema des Romans ist die Heimat und wie es ist, keine Geschichte zu haben. In einzelnen Kapiteln, benannt je nach eines der Familienmitglieder, wird die Erzählung vorangetrieben. Dabei wird durcheinander zwischen verschiedenen Zeitabschnitten gewechselt. Neben dem Hier und Jetzt werden z.B. Kindheit und Jugend von Avi in bitterer Armut in Istanbul nachgezeichnet. Wir erfahren, wie Maryam als Gastarbeiterin durch Deutschland reist, um Geld (2,29 Mark die Stunde) für die Familie in Istanbul zu verdienen.

So wird in "Auf der Straße heissen wir anders" das Bild einer Familie gezeigt, die über Generationen hinweg miterleben musste, was es heißt, nicht dazuzugehören. Es wird die Geschichte eines Volkes gezeigt, das einen Völkermord erleiden musste und auch danach unter der Unterdrückung in der Türkei gelitten hat. Die dadurch entstandenen verzweigten Pfade dieser Familie sind grandios und einfühlsam erzählt. Und wie dieser Roman alle Fäden zusammenführt, ist ganz große Erzählkunst. Ein wirklich schönes Buch, auch abseits des Covers.

Roman
Einband: gebundenes Buch
EAN: 9783608981988
Kategorie: Roman