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Buchtipps - Georg Stephanus

Georg Stephanus

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Ihre Jugendromane sind immer eine Wucht, stets am Puls der Zeit und gut darin, komplexe Zusammenhänge zu erhellen. In „Shelter“ erschaffen ein paar übermütige Studis eine Fakenews-Story über den Besuch Außerirdischer – und verlieren bald derart vollständig die Kontrolle über die Geister, die sie riefen, dass sie in Lebens - gefahr geraten. Herausragend – und unglaublich spannend (ab 14 Jahre, und ab

Vier Erwachsene und zwei Jugendliche sitzen auf Long Island fest, weil in N.Y. irgendeine Katastrophe geschehen ist. Keiner weiß etwas, keiner kann es erklären. Und dann passiert dieser seltsame Knall und die Dinge ändern sich ... R. Alaam schildert in seinem dritten Roman, DEM Sensationser - folg in Corona-Zeiten!, feinfühlig und mit sezierendem Feinschliff, wie die dünne Schicht der Zivilisation ganz schnell Risse bekommt und menschlicher Zusammenhalt in Frage gestellt wird. Und das mit viel atemberaubender Spannung und Freude für die Feinheiten seiner Charaktere. Super!

Endlich wieder ein großer Roman von Anthony Doerr – groß in jeder Hinsicht. Kunstvoll miteinander verwobene Episoden von jungen Menschen aus Vergangenheit (Konstantinopel kurz vor der Eroberung durch die Türken; Koreakrieg), Gegenwart (ein Umweltschutz-Aktivist auf Abwegen ...) und Zukunft (mit dem Raumschiff Argo unter - wegs zu einer neuen Erde) erzählen von nicht nur historischen Um - bruchsituationen und wie der/die Einzelne mit Ihnen umgeht. Doerr erzählt facettenreich und mit viel Gefühl für die Nöte und Alltagssorgen seiner Figuren. Eindrücklich – und ganz, ganz große Lesefreude.

Nach dem Roman "Propaganda" über die Hölle der Hürtgenwald-Schlacht am Ende des 2. Weltkriegs (auch mein unbedingter Lesetipp übrigens!) begibt sich einer meiner Lieblingsautoren wieder in die Nordeifel.

Drei Brüder prügeln sich bis aufs Blut am Urnengrab ihrer Mutter - Benjamin, der besonders emotionale und empathische der drei rollt die Vorgeschichte dazu auf: sowohl die des Beerdigungstages, rückwärts erzählt, als auch die gemeinsame Kindheit mit all den Verletzungen in einer nur vordergründig normalen, bürgerlichen Familie. Mir fallen viele Attribute für diesen aufwühlenden Roman ein: schonungslos, sezierend, tief in der Vergangenheit grabend - aber auch sensibel, geheimnisvoll, mitleidvoll und reich an Liebe und Emotionen.

Sicher kein Zufall, dass der Historiker Reinhardt mitten in Corona-Zeiten die Pest-Katastrophe vor fast 700 Jahren aufarbeitet. In drei Teilen nähert er sich der damaligen Pandemie, einer echten Katastrophe, und erzählt zunächst, was damals eigentlich passiert ist, dann wie die damaligen Menschen darauf reagiert haben: was sie berichtet haben, wie die Überlebensstrategien waren, wer profitiert und wer verloren hat.

Connelly ist ein Altmeister des kalifornischen Kriminalromans, in einer direkten Linie mit Raymond Chandler und James Ellroy verwandt.

Paris 1940. Während die deutschen Truppen Paris besetzen, ermittelt Kommissar Giral, ein echt harter Knochen mit kaputter Seele und traumatischen Flashbacks in die Schützengräben des ersten Weltkriegs, in einem vierfachen Mordfall. Und gerät dabei zwischen Wehrmacht, Gestapo und SD auf der einen Seite und ersten Ansätzen von Résistance auf der anderen. Spannend, detailreich und gut erzählt - ich mag gute Krimis, die in besondere geschichtliche Situationen eingebettet sind.

Mein Favorit des Frühjahrs, über den ich hier seitenlang schwärmen könnte. Mal gucken, ob ich das in der Kürze hinkriege. "Hard Land" ist ein klassischer Coming-of-Age-Roman - spielt in einer amerikanischen Kleinstadt - ist eine Vergangenheitsreise in die Achtziger und ein Füllhorn voller herrlicher Literatur-, Film-, Musikzitate aus der Zeit.

Empathisch, detailreich, persönlich. Zeitgeschichte at it's best. Absolut lesenswert!